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Wolfgang Schnabel: Widerstand und Ergebung – Posaunenchöre im Schatten des Hakenkreuzes

Wolfgang Schnabel – Vortrag bei der Martin-Niemöller-Stiftung am 14.12.2012
in der Thomaskirchengemeinde Wiesbaden
Widerstand und Ergebung – Posaunenchöre im Schatten des Hakenkreuzes

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Gerade hat uns das Bläserquartett unter Leitung von Christoph Müller das Lied „Ein feste Burg ist unser Gott“ nach einem Satz von Johannes Kuhlo vorgetragen. Dieser Choral spiegelt trefflich die Spannung von Widerstand gegen die braune Diktatur sowie die Ergebenheit ihr gegenüber wider, wurde es doch von beiden Parteien des Kirchenkampfes, den Deutschen Christen wie der Bekennenden Kirche, auf ihren Kundgebungen und Veranstaltungen gesungen und als Darstellung ihres Selbstverständnisses verstanden.

Die Bekennende Kirche sah in dem von Martin Luther 1529 verfassten Liedtext einen Protest gegen die herrschende Ideologie mit ihrem Führerkult, vor allem in den beiden letzten Strophen. Bei Formulierungen wie „Und wenn die Welt voll Teufel wär“ sowie „der Fürst dieser Welt, wie saur er sich stellt“ brauchten die Vertreter der Bekennenden Kirche nicht viel Fantasie, um sich darunter die braunen Kampftruppen mit Adolf Hitler an der Spitze vorzustellen. Und da bestimmte Kreise von der barthschen Theologie des Wortes geprägt war, legten diese auch besonderen Wert auf den Anfang der letzten Strophe „Das Wort sie sollen lassen stahn“. Dies schlägt sich – allerdings nun christologisch gewendet – auch in der ersten These der Barmer Theologischen Erklärung von 1934 nieder: „Jesus Christus, wie er uns in der Heiligen Schrift bezeugt wird, ist das eine Wort Gottes, was wir zu hören, dem wir im Leben und im Sterben zu vertrauen und zu gehorchen haben.“

Die Deutschen Christen dagegen haben dieses Lied geschätzt als Kampflied, das Wehr und Waffen propagiert, das mit dem altbösen Feind auch Feindbilder bis hin zum Erbfeind Frankreich kolportiert und das das Reich, das uns bleiben muss, in Verknüpfung mit dem Dritten Reich als letztgültigen Zielpunkt ausgibt.

So kann man den gleichen Text mit der gleichen Melodie singen, und doch ganz unterschiedliche Assoziationen dazu haben, je nach weltanschaulicher Verankerung. Und damit sind wir mitten im Thema: „Widerstand und Ergebung – Posaunenchöre im Schatten des Hakenkreuzes“. Denn auch wie in vielen gesellschaftlichen und kirchlichen Bereichen fand auch hier eine freiwillige und freudige Anpassung auf der einen Seite und eine widerwillig erzwungene auf der anderen Seite statt.

Dass es so viele auch in der deutschen evangelischen Posaunenchorbewegung waren, die freudig die Machtergreifung Hitlers 1933 als nationale Erhebung begrüßten, hat hinlänglich bekannte Ursachen, die anhand des Chorals „Ein feste Burg“ auch ein Stück weit aufgezeigt werden können.

Am 12. August 1899 hatten sich ungefähr 350 Bläser aus 30 Posaunenchören der Grafschaft Mark unter der Leitung von Pfarrer Georg Morgenstern (1865 – 1944) in Dortmund in der Nähe des Denkmals von Kaiser Wilhelm I. (1897 – 1888) eingefunden, um dessen Sohn anlässlich seines Besuchs des Dortmund-Ems-Kanals mehrere Stücke vorzutragen. Auch hier bestellte der Monarch den Leiter zu sich, lobte den weichen Klang der Instrumente und erkundigte sich nach Zusammensetzung und Unterhalt der Chöre. Nachdem er auf seinen Säbel gestützt dem Choral „Ein feste Burg“ zugehört hatte, bestieg er unter den Hochrufen der Bläser seinen Wagen und dankte ihnen.

Diese sogenannten Kaiserhuldigungen, die vor allem auch Johannes Kuhlo, der Spiritus Rector der Posaunenchorbewegung im Wilhelminismus, mit tausenden Bläsern um die Jahrhundertwende durchführte, sind ein deutlicher Beleg nicht nur für die nationalkonservativ-monarchistische Einstellung weiter Posaunenchorkreise, deren Bläser aus dem kleinbürgerlichen Milieu stammten. Sie sind auch die beredte Folie für das Trauma, das 1919 nach dem verlorenen Krieg mit dem Verlust des Herrscherhauses eintrat: Dolchstoßlegende, Demütigungen durch Besatzungen, Gebietsabtretungen und Reparationszahlungen, bolschewistische Bedrohung aus dem Osten sowie die Weltwirtschaftskrise ließen die Sehnsucht nach einem starken Mann, der das deutsche Volk wieder zu altem Glanz und Weltgeltung empor führen würde, so stark anschwellen, dass sie einen Mann nach oben spülte, der zwar diese Erwartungen glänzend bediente, jedoch ganz andere Ziele verfolgte: Den österreichischen Gefreiten, wie Reichspräsident Hindenburg ihn abschätzig und doch ihn unterschätzend bezeichnete, Adolf Hitler.

Welch verführerisch adventliche Stimmung im Sinne einer Hosianna-Erwartung damals in der Luft lag, zeigen auch folgende Ausführung Walter Duwes, des sog. Adjutanten und Nachfolgers Kuhlos in der westfälischen Posaunenchorarbeit:

„Nicht nur der sogenannte 'kleine Mann' ist ja auf Hitler hereingefallen, sondern auch andere, von denen man es nicht so erwartet hätte… Wenige Tage vor der 'Machtergreifung' am 30. Januar 1933 wurde eine große Versammlung der NSDAP aus Königsberg über alle deutsche Sender ausgestrahlt, auf der Joseph Goebbels sprach. Am Schluss ließ Goebbels singen: 'Wir treten zum Beten vor Gott den Gerechten'. Dazu läuteten alle Glocken der Stadt. Man kann also in gewisser Weise verstehen, dass die Menschen auf solche geschickten Demonstrationen hereingefallen sind und die Ideologie, die dahinter steckte, nicht erkennen konnten.“ (Chorleiter 27 (1980), S. 26)

Ich weiß nun nicht, wie viele Verantwortliche in der Posaunenchorbewegung Hitlers Machwerk „Mein Kampf“ gelesen haben und dadurch die menschenverachtende Ideologie erkennen konnten, die hinter patriotischen und nationalen Auftritten sich versteckte. Aber auch Hitlers sogenanntes positives Christentum mit der Forderung nach der Freiheit aller religiösen Bekenntnisse im Staat diente letztlich nur der Verwischung seiner kirchenfeindlichen Grundeinstellung.

Die Begeisterung in den Führungszirkeln der deutschen evangelischen Posaunenchorbewegung für diesen Mann, den anscheinend Gott geschickt hatte, der dann aber immer stärker seine antichristlichen Züge offenbarte, war durchaus verbreitet. Dies belegen verschiedene Äußerungen aus dem Jahr 1933: Am 25. März 1933 beschlossen die auch für die Bläserarbeit zuständigen Bundeswarte des Jungmännerwerks aus ganz Deutschland mit ihrem Reichsführer in Potsdam folgende Erklärung:

„Eine neue Stunde deutscher Geschichte schlägt! Hart am Abgrund des Bolschewismus wurde Deutschlands Schicksal noch einmal zurückgerissen. In dieser Stunde soll die evangelische Jugend Deutschlands wissen, dass ihre Führerschaft ein freudiges Ja zum Aufbruch der deutschen Nation sagt. Die Erkenntnis, daß es sich um eine Erneuerung der Lebensgrundlagen alles Volkstums geht, trifft das evangelische Jugendwerk im Herzen seiner geschichtlichen Sendung und ruft es zum Einsatz von Gut und Blut.“ (Stursberg, Glauben, Wagen, Handeln, Wuppertal 1987, S. 199f.)

Und im vorauseilendem Gehorsam gab der am 29. Juli 1933 im Evangelischen Gemeindehaus in Karlsruhe-Rüppur tagende Vorstandsausschuss des Bundes Christlicher Posaunenchöre Deutschlands, der immerhin 154 Posaunenchöre mit 2500 Bläsern repräsentierte, folgendes 'Treuegelöbnis' ab:

„Das neue Regime unter der Führung des Volkskanzlers Adolf Hitler begrüßen wir mit Dank gegen Gott. Wir sehen in ihm nicht allein die Rettung vor dem Zerstörungstrieb des Bolschewismus, sondern auch den Faktor zur Erneuerung des Staats- und Volkslebens. Wir erachten es als unsere heilige Pflicht, die Bestrebungen der neuen Regierung um die Gesundung unseres Volkes und Vaterlandes nach Kräften an unserem Teil praktisch und durch treue Fürbitte vor dem Thron des Allerhöchsten zu unterstützen.“ (Ev. Musik-Zeitung Nr. 10 (27. Jg.) 1933).

Einer der fünf Unterzeichner, der damalige Bundesvorsitzende Ferdinand Neuhäuser, Pastor aus Nürnberg, hatte leider seine eigenen Worte wohl vergessen, die er ein Jahr zuvor mahnend in der Zeitschrift „Die Posaune“ (90/1932/4) geschrieben hatte: „Wenn in solchen Fällen nicht mit großer Vorsicht und vollkommener Neutralität vorgegangen wird, kann viel Unheil entstehen. Die Leiter der Chöre sollten politischen Auseinandersetzungen innerhalb des Vereins immer sofort den Boden entziehen. Wir stehen als christliche Posaunenchöre über der Politik. Es mag zwar jeder Bläser seine politische Anschauung und Einstellung haben, aber sie wird und muss sich bei dem Gläubigen seiner Glaubensüberzeugung unterordnen.“

Mit in diese euphorische Aufbruchsstimmung des Jahres 1933 passt in fataler Weise, dass die beiden damals angesehensten Repräsentanten der Posaunenchorbewegung, der westfälische Pastor Johannes Kuhlo und der sächsische Pfarrer Adolf Müller, die neuen Machthaber ohne jegliche kritische Distanz begrüßten.

Im April 1933 schrieb der Dresdner Posaunenpfarrer anlässlich der Machtergreifung Hitlers in Nr. 23 der Mitteilungsblätter der Sächsischen Posaunenmission den Aufsatz „Pflüget ein Neues“. Durch den Anbruch der sog. Neuen Zeit sah er die Chance gegeben, dass die Kirche sich aus den unbiblischen Bindungen wie der 'liberalen Weltanschauung' und dem 'feigen bürgerlichen Pazifismus' lösen könne und dass den kommunistischen Umtrieben, die sich auch gegen die Bläser gerichtet hätten – beim Posaunenfest in Bautzen 1927 hätte ein roter Sturmtrupp die Instrumente zerschlagen wollen – ein Ende bereitet würde. Die beim Landesposaunenfest in Plauen Anfang Juli 1933 durch die Chorvertreterversammlung vollzogene Bestätigung Müllers als Bundesposaunenmeister Deutschlands begründete er anschließend damit, dass nach 'germanischen Grundsätzen' das Volk den Führer küre und der Führer dann das Volk führe. Die Bläserversammlung wurde mit einem 'Sieg-Heil' auf Deutschland und seinen Führer Adolf Hitler beschlossen.

In einer Anzeige in 'Spielet dem Herrn' (Nr 6/1933) empfahl Müller, der bereits seit 1931 in der NSDAP Parteigenosse war, im Namen der Sächsischen Posaunenmission einen vierstimmigen Satz des 'Horst-Wessel-Liedes'. Sein Sohn Gottfried Müller war auf der gleichen Linie wie sein Vater: Streng antikommunistisch und auch antisemitisch. Bereits 1931 verfasste er das „Trutzlied gegen die Moskowiter und Gottlosen“, das folgenden Aussagen zum Besten gab: „Heraus, du Gottesvolk, heraus! Die Zeit ist da zu streiten. Der Feind rennt an, er kommt mit Graus, groß Not zu bereiten. Hältst du nicht stand, wirst überrannt, des mög uns Gott bewahren, drum fest drauf zugefahren. Hei Trutz, komm an, du Höllenbrut, Kannst uns ja nicht bezwingen! Uns stärkt zum Sieg ein Schildmann gut, den Arm im heißen Ringen. Mit Lügen, Not, ja mit dem Tod Kannst du uns nicht vertreiben bei Jesu Christ wir bleiben.“
Wir hören nun den Bläsersatz, vorgetragen von unserem Bläserquartett…

Die sehr große Nähe zum Nationalsozialismus verhinderte allerdings die Wahl Adolf Müllers zum Reichsobmann des 1934 neu gebildeten Verbandes evangelischer Posaunenchöre. Dass er im braunen Rock seine Bläserchöre dirigierte, brachte ihm nicht nur Freunde ein, ausschlaggebend aber waren nicht in erster Linie politische Gründe. So sprach sich im Vorfeld der Wahl der Hamburger Posaunenwart August Schröder für Müller aus, weil man aus kirchenpolitischen Gründen klüger daran täte, einen Oberlandeskirchenrat der Deutschen Christen zu wählen. Doch befürchtete Hero Lüst, Reichssekretär des Jungmännerbundes in Deutschland, dass Müller alle wichtigen Posten mit seinen Gefolgsleuten besetzen würde. Entscheidend aber war letztlich die Stellungnahme Kuhlos gegen Müllers Ernennung in einem Rundbrief vom April 1934, wobei Kuhlo etliche sachliche, aber keinerlei politische Gründe anführte, verständlich, da Müller in Kuhlo einen – wenn auch nicht ganz so radikalen – Gesinnungsgenossen hatte.

So gelangte bei der Gleichschaltung der evangelischen Bläserarbeit in Deutschland ein Mann an die Spitze, der wesentlich geschmeidiger vorging und sich viel diplomatischer mit den Gegebenheiten arrangierte als der eindeutig positionierte Müller: Fritz Bachmann, Reichsobmann von 1934 bis zu seinem Tod im Jahr 1961. So beteiligte er sich mit einem Festvortrag und einer Bläsergruppe 1937 am Fest der Deutschen Kirchenmusik in Berlin, das für seinen Initiator Oskar Söhngen die politische Wiedergeburt unter Hitler mit dem christlichen Glauben vereinigen sollte. So war auch Bachmann am 12. Oktober 1937 unter den aus allen Teilen versammelten Kirchenmusikern Deutschlands, um ehrfürchtig den Führer zu grüßen und ihm treue Gefolgschaft beim Neuaufbau der deutschen Kultur zu geloben. Als das Ergebenheitstelegramm an Hitler und dessen kurze Antwort bei einem Empfang vor den Landesobmännern der Kirchenmusiker-, Kirchenchor- und Posaunenchorverbände verlesen worden war, stimmte die Versammlung in ein dreifaches „Sieg-Heil“ auf Adolf Hitler ein.

Bachmann war dieser Usus insofern vertraut, als auch beim ersten Reichsposaunentag 1936 in Bethel bei der Schlussveranstaltung ein Ergebenheitsgrußwort an Hitler samt dessen Dankestelegramm verlesen und mit einem dreifachen „Sieg-Heil“ auf den Führer durch die Bläser kommentiert worden war. Bachmann erwähnte in seinem vielbeachteten Vortrag „Neue Bestrebungen auf dem Gebiete der Blasmusik“, den er 1937 auf dem Fest der deutschen Kirchenmusik hielt, unter anderem Fritz Fliedner als wegweisend in seinen Bläsernoten-Ausgaben. Eben jener Fritz Fliedner, der als Chefarzt in der Psychiatrischen Klinik in Kropp und ehrenamtlich als schleswig-holsteinischer Landesposaunenwart tätig war, veröffentliche 1933 im Verlag des Nordbundes das Liederheft „Deutscher Sang“, um nach seinen eigenen Worten durch altes deutschen Heldentum und Soldatenmut, Liebe und Freundschaft echter deutscher Art die Herzen zu erfreuen und erheben. Das martialisch-militaristische Marschlied „Herbei, herbei, zum Kampfe bereit, die Waffen in die Hand genommen, das Ross heraus, das Schwert zur Seit, der Feind ist ins Land gekommen“ hören wir nun in einem von Fliedner gesetzten vierstimmigen Satz durch unser Bläserquartett…

War Fliedner eigentlich nur eine lokale Größe in der deutschen Bläserbewegung, verhält sich das mit Johannes Kuhlo ganz anders. Früher gab es kaum einen Bläser, dem nicht zumindest sein Name geläufig war. Doch auf die Lichtgestalt der deutschen Posaunenchorbewegung werfen sich leider auch schwere Schatten, was ihre Rolle und Haltung im Dritten Reich anging. Wohlwollend könnte man es Kuhlos Naivität und seinem Alter anlasten, doch liegen die Wurzeln tiefer, nämlich in seiner konservativ-monarchistischen Grundeinstellung, die zum Einfallstor für faschistisches Gedankengut wurde. Nach dem Untergang der Hohenzollern sah Kuhlo folgerichtig in Adolf Hitler (1889 – 1945) den neuen starken Mann, der das deutsche Volk zu altem Glanz empor führen würde. Kuhlo trat bereits ein Jahr vor der sog. Machtergreifung Hitlers der NSDAP bei und trug seither stolz das Parteiabzeichen am Revers. Anlässlich der Reichspräsidentenwahl im Jahr 1932 äußerte er öffentlich: „Ich ehre Hindenburg und wähle Hitler!“ (Beilage des Aufwärts Nr. 213 vom 13.09.1934, S. 2)

Aus einer naiv-gefährlichen Unbedarftheit heraus vermengte Kuhlo auf unzulässige Weise Religion und Politik. So gab er in einem Interview im Spätsommer 1934 von sich: „Als ich Hitlers erste Rede gelesen habe, da habe ich gesagt: Den Mann hat uns Gott geschickt! Wirklich, wir können Gott nicht genug für diesen Führer danken; Hitler ist der einzige Diplomat auf Erden, der nicht lügt!“ (ebd.)

Im Januar 1934 erschien in Bethel ein Flugblatt Kuhlos mit dem Titel „Richtigstellung der Legenden über meine Begegnung mit Adolf Hitler“, in dem er von drei Begegnungen mit dem Diktator im Sommer 1933 auf dem Obersalzberg berichtete. Er brachte seinem neuen Vorbild auf seinem Flügelhorn Choräle, Vaterlands- und Volkslieder dar und unterhielt sich mit ihm kurz über Alkohol- und Nikotinenthaltsamkeit. Überzeugt war Kuhlo ferner davon, dass der Reichskanzler täglich in der Bibel lese und sich in seinen Entschlüssen davon leiten lasse. So erklärte er 1937 bei einem Besuch des Posaunenchors Möglingen: „Der Führer und ich haben drei Dinge gemeinsam, wir lesen jeden Morgen die Losung aus dem Herrnhuter Losungsbüchlein; außerdem sind wir Alkoholgegner und Nichtraucher.“ (Mergenthaler, Dank, S. 85; vgl. SdH 16 (1935), S. 164)

Kuhlos devote Haltung gegenüber Hitler und der nationalsozialistischen Bewegung fand auch in seiner musikalischen Herausgebertätigkeit ihren Niederschlag. In der Auflage des „Jubilate“ von 1934 brachte Kuhlo einen vierstimmigen, von ihm selbst arrangierten Satz des „Horst-Wessel-Liedes“. Im Schütz-Heft, das Kuhlo 1935 herausgab, findet sich unter der Rubrik „Ein Gang durchs Kirchenjahr“ unter der Nr. 18 der Titel „Führers Geburtstag“. Kuhlo textete dazu eigens Psalm 21 der Beckerschen Psalmendichtung um unter der Überschrift „Geburtstag des Führers Adolf Hitler (* 20.4.1889)“ mit folgendem Wortlaut:

„Hoch freuet sich der Führer, Herr Gott, in Deiner Kraft; er ist von Herzen fröhlich, daß Du ihm Hilfe schaffst. Tu willig ihm gewähren all sein Bitt und Begehren, gib ihm seins Herzens Wunsch! Von Deiner Hilf er träget den Ehrenpreis allzeit, den Du auf ihn geleget mit Lob und Schmuck bereit't, den Segen zu ererben und ewge Freude erwerben, das mögst Du ihm verleihn.“ (Evangelische Posaunenchorarbeit im Nazi-Reich, Dokumentation Nr. 4, in: Mitteilungen der Gesellschaft christlicher Bläserfreunde, Münster 1982) Diesen Satz hören wir nun von unserem Bläserquartett unter der Leitung von Christoph Müller…

Kuhlos Biograph und Schüler Wilhelm Ehmann versuchte ihn durch die Behauptung in Schutz zu nehmen, dass Kuhlo in den letzten Lebensjahren Zweifel an seiner Einschätzung Hitlers gekommen seien. Angeblich soll er – nach Aussagen seiner Familienangehörigen – seiner Fürbitte für den Führer den Satz hinzugefügt haben, Gott möge diesen Mann absetzen, wenn er ihm nicht gehorche. Doch Ehmann, Spiritus rector der Posaunenchorbewegung in der Nachkriegszeit, war selbst tief in den Faschismus verstrickt. In einem Aufsatz von 1938, der später in seiner Bibliographie nicht mehr auftaucht, macht Ehmann, seit 1933 SA-Mitglied, folgende Ausführungen im Vorwort: „Was der 18. Januar für das Zweite Reich bedeutet, bedeutet der 30. Januar für das Dritte Reich. Es ist sein Geburtstag. Der Führer wurde mit der Regierungsbildung beauftragt; ein 14jähriger Kampf wurde mit dem endlichen Sieg gekrönt. Die politische Durchordnung des Volkes beginnt. Die musikalische Ausgestaltung dieses politischen Gedenktages geschieht nicht aus den lockeren Formen des vielfarbigen Volksbrauchs, sondern von der Geschlossenheit der politischen Mannschaft her.“ (Wolfram, S. XXXIIf.)

Die verspätete Ehrenrettung Kuhlos durch Ehmann fällt ohnehin in sich zusammen, wenn man sich den Brief Kuhlos vom 21. September 1940 an den Anstaltsleiter von Lobetal, Pastor Paul Braune, vor Augen hält. Dieses Schreiben enthält ein glühendes Bekenntnis zum „praktischen Göring“ und zum „geliebten Führer“ sowie eine biblisch versuchte Verteidigung nationalsozialistischer Politik und eine Rechtfertigung des Antisemitismus. Nach Kuhlos Meinung hatte Friedrich von Bodelschwingh dieselbe Einstellung wie „unser von Gott gesendeter Führer“; und so schließt der Brief mit den Worten „ER schütze … unsern geliebten Führer und gebe uns bald den Endsieg.“ (Thalmann, S. 73)

Außerdem sind folgende Worte aus dem letzten Brief Kuhlos an den Schriftleiter von „Spielet dem Herrn“ 1941 kurz vor seinem Tod bezeichnend: „Wie wunderbare Siege beschert Gott uns einen nach dem anderen. Ich hoffe, die Engländer müssen bald kapitulieren. Dann klingt's noch freudiger 'Heil Hitler!', und wir danken mit ihm unserem Herrn und Gott.“ (SdH 22 (1941), S. 44)

So nimmt es nicht wunder, dass die NSDAP-Kreisleitung Bielefeld folgenden Nachruf auf ihn veröffentlichte: „Unser Parteigenosse und treuer Gefolgsmann des Führers Pfarrer a.D. D. Johannes Kuhlo ist am 16. Mai 1941 unerwartet gestorben. Ein allzeit ehrendes Gedenken ist unser Dank für seine Treue.“ (Westfälische Neueste Nachrichten vom 17.-21.05.1941)

Überhaupt wird man sagen müssen, dass die Aufarbeitung der braunen Vergangenheit führender Persönlichkeiten der Posaunenchorbewegung nach dem Zweiten Weltkrieg ähnlich bedauernswert verlief wie in der deutschen Kirchenmusikerschaft überhaupt. So wenig die bedeutenden Kirchenmusiker Oskar Söhngen und Otto Brodde nach dem katastrophalen Ende des Tausendjährigen Reiches bereit waren, sich ihren eigenen Fehlern zu stellen und kritisch zu benennen, vielmehr alles unternahmen, um sich auch noch als Widerstandskämpfer zu stilisieren, so wenig waren auch Adolf Müller und Wilhelm Ehmann bereit zuzugeben, dass sie sich schuldig gemacht hatten. Müller bemerkte zu seiner kirchenpolitischen Rolle wenig einsichtig in einem Brief von 1951: „Ich habe damals nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt. Das habe ich nicht mit Pastor S. auszumachen, sondern allein mit Gott.“ (Wolfram, S. 186). Auch Ehmann ist einer offenen Aufarbeitung seines Verhaltens im Dritten Reich bis zu seinem Tod beharrlich ausgewichen. Dies hielt sogar sein Sohn Johannes in einem Brief 1991 für einen Fehler, da ohne Schulderkenntnis und Schuldbekenntnis Vergangenheitsbewältigung und Vergebung nicht möglich sind.

Es gab jedoch nicht nur Ergebung in der deutschen Posaunenchorbewegung, es gab auch Widerstand. Allerdings erfolgte sich nicht in erster Linie an prominenter Stelle, wie die angeführten Beispiele gezeigt haben, sondern mehr an der Basis. Nicht verschwiegen werden soll dabei allerdings, dass führende Köpfe der westdeutschen Bläserarbeit des CVJM, Johannes Busch und Richard Lörcher, von Anfang an sich der Bekennenden Kirche angeschlossen haben. Und auch der westfälische Landesobmann Walther Duwe gab in der Rückschau zu Protokoll:

„Wenn man zum Beispiel den 1. Mai 1933 mit dem 1. Mai 1934 in Bethel und Bielefeld vergleicht: 1933 hatten wir in Bethel eine eindrucksvolle Maifeier, die von allen Gemeinden mitgestaltet und ausgerichtet wurde. 1934 dagegen merkten wir schon, dass wir fehl am Platz waren. Wer in diesen Jahren noch nicht gemerkt hat, wohin der Karren lief, dem war nicht mehr zu helfen. Von da ab war bei allen Verhandlungen mit örtlichen Parteistellen Vorsicht am Platze.“ (Chorleiter 27 (1980), S. 26).

Recht rasch offenbarten die braunen Machthaber also ihr wahres Gesicht und erschwerten den Posaunenchören ihren Dienst.

Der staatliche Druck auf die Chöre, der häufig nicht politisch motivierten Widerstand hervorrief, war bereits seit der Machtergreifung recht hoch. Noch 1933 versuchte das Nazi-Regime im Zuge der Gleichschaltung alle Massenorganisationen unter seinen Einfluss zu bringen. Um die bündisch-konfessionelle Jugendarbeit zu zerschlagen, beschloss die Reichsjugendführung, alle Jugendlichen unter 18 Jahren in die Hitler-Jugend einzugliedern. Weil die Verantwortlichen einer staatlichen Regelung zur Zentralisierung zuvor kommen wollten, schlossen sich die Posaunenverbände der Jungmännerwerke im Spätherbst 1933 zur unabhängigen „Ev. Posaunenmission Deutschlands“ zusammen, doch es war bereits zu spät. Auf Anordnung des regimetreuen Reichsbischofs Müller wurden 1934 alle Kirchenmusikverbände gleichgeschaltet und der zentralen Reichsmusikkammer unterstellt. Wer fortan öffentlich Musik machen wollte, hatte der Reichsmusikkammer beizutreten. Jeder Chor musste pro Bläser einen Jahresbeitrag an die RMK entrichten, wofür er einen Ausweis ausgestellt bekam, der bei jedem Auftritt mitgeführt werden musste. Für das Musizieren außerhalb kirchlicher Veranstaltungen oder auf kirchlichem Grund und Boden musste eine behördliche Genehmigung eingeholt werden. Die 26 Landesverbände wurden neu nach dem Führerprinzip aufgestellt, zum „Verband ev. Posaunenchöre“ zusammengefasst und mit den übrigen Kirchenmusikverbänden der RMK eingegliedert. Die Eingliederung der vielen CVJM-Chöre in die Kirche war zwar erzwungen, sicherte jedoch den Posaunenchören einen gewissen Schutz bei ihren Proberäumen, ihren Auftritten und der Mitgliedschaft der unter 18jährigen.

Trotz allem wurden HJ-Abende, deren Teilnahme Pflicht war, gern auf Übungsstunden gelegt, gab es Einschüchterungsversuche und versteckte Drohungen von Ortsgruppenleitern oder parteitreuen Bürgermeistern, Aufführungsgenehmigungen wurden je nach Einstellung der Verantwortlichen verweigert oder widerrufen. Verstießen die Chöre gegen die Regelungen, konnten sie aufgelöst und ihre Instrumente beschlagnahmt werden. Mancherorts wurden Posaunenchöre sogar zu NSDAP-Feiern hinzugezogen, was auch zum Austritt von Mitgliedern oder zur Selbstauflösung von Chören führte.

Zwar wandelten sich manche Chöre in SA-Kapellen und weltliche Musikvereine um, doch nicht immer ging dies freiwillig von Statten, wie das Beispiel des Posaunenchors aus Horsten zeigt. Pastor Lahmann berichtete an den hannoverschen Landesverband: „Der Posaunenchor besteht seit dem 3. März 1938 nicht mehr. An diesem Tag schickte der kirchenfeindliche Bürgermeister den Gemeindediener zu den Bläsern und ließ die Instrumente einsammeln. Die Bläser, die sehr überrascht waren, gaben zum größten Teil die Hörner heraus. Nach einigen Monaten gründete der Bürgermeister mit unseren Hörnern einen weltlichen Musikverein. Durch einen von uns angestrengten Prozess erhielten wir vor wenigen Wochen die Hörner zurück. Die Bläser, die durch den Gewaltstreich des Bürgermeisters eingeschüchtert wurden, sind im Augenblick noch nicht wieder für die Posaunensache zu gewinnen.“

So spiegeln die Posaunenchöre insgesamt die Zerrissenheit von Kirche und Gesellschaft im Dritten Reich wider: Es gab willfährige Mitläufer und stille Dulder, glühende Anhänger und eifrige Protestierer. Im Großen und Ganzen jedoch versuchte die breite Mehrheit, sich mit dem Gegebenheiten zu arrangieren, um weiterhin ihren Dienst tun zu können, wenn auch unter Einschränkungen. Dies belegen die offiziellen Zahlen der Chöre und Bläser in den 1930er Jahren bis zum Zweiten Weltkrieg, die auf konstant hohem Niveau blieben, ohne allerdings die Zuwachsraten der 1920er Jahren aufzuweisen.

Was bleibt als Resümee? Zunächst einmal möchte ich einen Satz an den Anfang stellen: Wir haben gut reden! Denn wir leben nicht in einer Diktatur. Wir riskieren nichts, wenn wir offen Stellung beziehen. Wir riskieren nicht unsere Stellung, wir riskieren nicht unsere Freiheit, wir riskieren nicht unser Leben. Ob wir wie Niemöller und Bonhoeffer reagiert hätten oder eben doch wie Kuhlo und Müller, wissen wir erst, wenn wir in einer vergleichbaren Situation uns befinden. Solange gleichen wir Zuschauern, die von den Rängen die Gladiatoren bei einem Kampf auf Leben und Tod zuschauen und genau zu wissen scheinen, wie man diesen Kampf führt, denen aber anstelle des blutigen Schweißes höchstens der wohlige Schauer den Rücken hinunter läuft. Deshalb sollten wir uns vor allzu raschen Vor- oder Nachverurteilungen bewahren nach dem Motto: wie konnten die nur… ich an ihrer Stelle hätte doch… Damit will ich ganz bestimmt keine Sympathisanten oder gar Mittäter entschuldigen. Aber ich möchte vor der Besserwisserei von uns Nachgeborenen warnen, die alles besser gewusst und darum besser gemacht hätten, hätten wir doch nur die Möglichkeit dazu gehabt. Welche Motive und Überzeugungen letztlich Menschen bewegen, auf menschenverachtende Ideologen und Blender herein zu fallen, können wir nicht mit Röntgenaugen entschlüsseln. Der Mensch sieht, was vor Augen ist, Gott aber sieht das Herz an. Jeder von uns hat sich schon in Menschen geirrt und ist darum auch schon tief enttäuscht worden. Jeder von uns hat auch schon andere enttäuscht. Und da wir in der Solidargemeinschaft der Sünder nicht einmal für uns selbst garantieren können, in keiner Weise, sind wir auch im Blick auf die Geschichte nicht in der Position von Richtern, sondern in der Situation der Dankbarkeit: Dass wir heute in einer Demokratie leben dürfen, mit Versammlungsfreiheit, dem Recht auf freie Meinungsäußerung usw., ist nicht nur ein großes Privileg, sondern ein Geschenk dessen, der Geschichte lenkt und als einziger in Menschenherzen sieht.

Wir haben gut reden! Darum sollten wir an manchen Stellen lieber schweigen, um an anderen Stellen unsere Stimme umso lauter zu erheben. Meine Schlussfrage lautet daher: Was schützt uns persönlich davor, zu Mitläufern, Sympathisanten oder gar Anhängern einer antichristlichen Ideologie zu werden? Und ich fasse das jetzt bewusst so weit, da linke Diktaturen um kein Haar besser und erträglicher sind als rechte, kommunistische Gräueltaten nicht salonfähiger und entschuldbarer als faschistische. Einseitigkeit war schon immer gefährlich, denn es verengt die Perspektive. Darum sollten wir nicht vergessen, dass Stalin mehr Menschenleben auf dem Gewissen hat als Hitler und Mao mehr als Stalin. Beim Titel um den größten Menschenschlächter stechen die roten Bewerber sogar die braunen aus. Das wissen leider viele junge Menschen nicht mehr, die in der Schule zwar ständig das Dritte Reich behandeln, aber nicht den Stalinismus und darum von Konzentrationslagern schon gehört haben, aber nichts von den Gulags. Wer jedoch Kurs halten will, darf nicht nur auf die rechte Gefahrenseite achten, sondern muss auch die linke im Blick haben.

Geschichte wiederholt sich – leider. Und damit wiederholen sich auch unsere Fehler. Ich selbst möchte allerdings nicht in dieser Zwangsläufigkeit stecken, sondern mich davor schützen. Drei Schutzzäune möchte ich zur Diskussion stellen:

  1. Kritikklaviatur contra Mediendiktatur. Wir haben in Deutschland in den letzten Jahrzehnten eine Medien- und damit Meinungsdiktatur, die eine political correctness als Monstranz vor sich her trägt, dass andere Positionen und auch Informationen schon gar nicht mehr als gleichberechtigt ins Blickfeld gelangen. Damit verbunden ist eine ständige Manipulation und Infiltration der Zuhörer und Zuschauer mit dem einseitigen Gedankengut von Journalisten und Redakteuren, an der Goebbels sicher seine wahre Freude hätte. Nicht nur Prol-Sender wie RTL, auch die öffentlich-rechtlichen Anstalten, nicht nur Boulevardblätter à la Bild, sondern auch seriöse wie die Stuttgarter Zeitung schwimmen in einem Mainstream, der es zunehmend erschwert, sich ein differenziertes und ausgewogenes Bild der Verhältnisse zu machen. Dagegen hilft nur eine kritische Distanz, die zunächst nicht vorbehaltlos und naiv übernimmt, was medienmäßig an Meinungen und Bewertungen propagiert wird, sondern hinterfragt, wobei auch Kritik an der Kritik eingeübt sein will. Außerdem braucht es eine Informationssuche und Informationsbeschaffung auch bei abgelegenen und unabhängigen Quellen, die es einem ermöglichen, sich ein differenziertes Bild von der immer komplexer werdenden Wirklichkeit zu machen.
  2. Bekennermut contra Meinungsmache. Wir haben heute in manchen politischen Parteien und Strömungen Menschheitsbeglücker und Weltverbesserer, die nach wie vor denken, dass an ihrem Wesen wenigstens Deutschland, am besten sogar die ganze Welt genesen soll. Wer anderer Meinung ist, wird als Diskriminierer diskriminiert, weil Fundamentalisten Andersdenkende gern als Fundamentalisten bezeichnen, um sich absolut setzen zu können. Es gehört natürlich Mut dazu, trotzdem seine gegenläufige Meinung offensiv und argumentativ sauber in der Öffentlichkeit zu vertreten, wenn einem daraufhin ein Aufschrei entgegen hallt, weil der Zeitgeist dem Heiligen Geist inzwischen weit enteilt ist. Nichts desto trotz lebt eine Demokratie von der Vielfalt und dem Wettstreit der Meinungen. Von daher muss man es sich unter Umständen gefallen lassen, von anderen in eine Ecke geschoben zu werden, in die man gar nicht hinein gehört, weil Totschlag-Argumente und unpassende Geschichtsvergleiche sich anhaltend großer Beliebtheit erfreuen. Zu bedenken gilt, dass innerer und äußerer Widerstand gegen Meinungsmacher, die christliche Werte aushöhlen oder christliche Überzeugungen ins Lächerliche ziehen, jetzt noch besser eingeübt werden kann, als wenn einmal wieder Gefahr für Leib und Leben drohen sollte.
  3. Adventliche Hoffnung contra überhöhte Erwartungshaltung. Die Sehnsucht nach einem starken Führer ist nicht erloschen, nicht in anderen Völkern, nicht in unserem Volk, wie an der Hype um den Besuch von Barak Obama vor einigen Jahren mehr als deutlich abzulesen war. Einem Politiker zujubelnde Menschenmassen sind bei uns nach wie vor jederzeit möglich, und das macht mir Sorge. Denn Macht verführt schnell zu Missbrauch. Wer aber seine Hoffnung nicht auf einen ganz menschlichen Menschen setzt, indem er beispielsweise stundenlang am Straßenrand steht, nur um für einen kurzen Moment sein Fähnchen in den Wind zu hängen, sondern wer seine Adventskerzen anzündet in dem Vertrauen, dass die Lösung unserer massiven Probleme nicht durch die Herren dieser Welt kommt, die gehen, sondern durch den einen Herrn dieser Welt, der kommt, wer also diese seine Hoffnung nüchtern und ausschließlich auf Jesus Christus setzt als den Gekommenen und Wiederkommenden, der hat einen starken Schutzzaun vor allen Verführern, Rattenfängern und Leuteschindern dieser Welt.

Deshalb freut es mich, dass wir als Nachspiel das Adventslied „Tochter Zion“ hören werden. Die Melodie von Händel steht im historischen Kontext der schottischen Befreiungskriege gegen England, der Text von Ranke im historischen Kontext der deutschen Befreiungskriege gegen Napoleon. Dennoch, bei aller Zeitgebundenheit, bringt es die Sehnsucht nach dem endzeitlichen Erlöser zum Ausdruck, die so alt ist wie die Menschheit. Und dieser Erlöser hat für uns Christen nur diesen einen Namen: Jesus. Wenn das also keine Ansage ist an unsere orientierungslos gewordene Welt: Siehe, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und Helfer.

Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Wolfgang Schnabel

Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Autors.

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