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Posaunenchorfreizeit Borkum 2010 – Bericht

Borkum ist eine Reise wert

Wir waren nun schon zum dritten Mal mit dabei auf Borkum. Wir, das ist eine siebenköpfige Familie aus Dreieich, Vater und Mutter passionierte Blechbläser und drei der fünf Kinder spielen auch schon mehr oder weniger begeistert ein Blasinstrument. Vor fünf Jahren waren wir das erste Mal hier. Unsere Kleinste war gerade mal zwei Wochen alt und ich war ständig mit dem Kinderwagen unterwegs. – Sandstrand ist ein ganz ungünstiges Gelände für Kinderwagen…

Mittlerweile ist der Urlaub in Borkum für uns alle das „Non plus ultra“. Unser Hotel, das Gästehaus Viktoria, ist gleich neben der Uferpromenade, das heißt unsere Kinder können zum Strand, wann immer sie wollen und dort nach Herzenslust im Sand buddeln, Drachen steigen lassen, Fußball oder Beachvolleyball spielen oder im Meer baden.

Wir hatten für die Posaunenchorfreizeit drei Strandzelte gemietet und erklärten somit ca. 20 m2 Strand zu unserem Territorium, auf dem sich unsere Sprösslinge nun verwirklichen konnten. Der Platz vor unseren Strandzelten erinnerte zeitweise an einen überdimensionalen Schweizer Käse. – Im nächsten Urlaub müssen wir unbedingt die rot-weißen Absperrbänder mitnehmen, damit wir abends die Baustelle ordentlich absichern können. Es gab auch äußerst interessante Skulpturen oder Brückenkonstruktionen aus Sand zu bestaunen!

Aber wir waren ja nicht nur am Strand. Nein! Borkum hat viel zu bieten! Vor allem, wenn man sich hier auf einer Posaunenchorfamilienfreizeit (was für ein Wort!) befand.

Am besten erzähle ich einfach mal, wie sich der Tagesablauf hier so gestaltete: Um 7 Uhr klingelte mein Wecker, um 8:30 Uhr war Frühstück – ein Frühstück, für das man nicht einmal Kaffee machen oder den Tisch decken musste, was für ein Luxus! Um 9:30 Uhr war eine kurze Andacht, geleitet von Johannes Kunkel, in unserem „Aquarium“. Unser Probenraum war ein großer, ebenerdiger Raum mit einer großen Fensterfront zur Straße hin. Leute, die auf der Straße vorbeigingen und unsere Musik hörten, bestaunten uns oft neugierig durch die Glasscheiben. Johannes nannte diesen Raum deshalb immer das „Aquarium“. Um 10:00 Uhr begann die Vormittagsprobe zuerst einmal mit dem Einblasen – übrigens: wir Bläser brauchen nicht mal ein Instrument zum Blasen, ein Mundstück tut's zur Not auch. Aber mit Instrument klingt es einfach besser. Beim Einblasen waren auch unsere Jungbläser mit dabei und danach probten wir für diverse Auftritte auf der Insel.

Parallel zur Probe fand im Keller die Kinderbetreuung statt. Sigrid Müller, eine Erzieherin aus Darmstadt, malte, bastelte und spielte unermüdlich mit den Kindern. Um 12:30 Uhr gab es Mittagessen. Und den Nachmittag gestaltete man in der Regel nach Belieben.

Ich führe hier mal nur ein paar mögliche Programmpunkte auf: Strand (siehe oben), neuer Leuchtturm, alter Leuchtturm, Wattwanderung, Kutschfahrt, Krabbenfischen, Feuerschiff (ein schwimmender Leuchtturm, heute nicht mehr im Einsatz), Kirchenführung mit Pastor Wittwer (super interessant!), Fahrradtouren (auf Borkum sind nur sehr wenige Autos unterwegs, aber es gibt 8 Fahrradverleih-Shops und dort gibt es alle möglichen und unmöglichen Fahrräder zu leihen!), Tee trinken im Borkumer „Teestübchen“, Spaziergang zu den Seehundbänken, Feuerwehrfest, Skulpturenwettkampf am Strand, und, und, und, … Andreas Reuter war schon erfahren im Organisieren für die Gruppe.

Nach dem Abendessen gab es noch mal eine Stunde Blasen „Just for fun“ für die, die immer noch nicht genug hatten und danach konnte man sich in das Borkumer Nachtleben stürzen oder einfach im „Aquarium“ bleiben, Doppelkopf spielen, palavern oder bei diversen Gesellschaftsspielen mitmachen.

Damit wir auch wussten, wofür wir so fleißig übten, gab es noch ein paar musikalische Einsätze für uns. Donnerstag Nachmittag zum Beispiel machten wir „Inselmusik am neuen Leuchtturm“. Das war ein Platzkonzert für groß und klein. Wir hatten uns in den zwei Wochen ein ganz schönes Repertoire erarbeitet. Als Einstieg spielten wir einen Marsch von Telemann, danach kam ein buntes Programm mit Dixieland, „Pippi Langstrumpf“, Lummerlandlied, „Wochenend und Sonnenschein“ und diversen anderen Nummern. Und für dieses Jahr hatte sich Johannes etwas Neues ausgedacht: zum einen wollte er beweisen, dass man auch mit Vuvuzelas Musik machen kann und zum anderen wollte er auch unsere ganz jungen Freizeitteilnehmer aktiv in unser kleines Konzert mit einbeziehen. Also kam er in einer Probe plötzlich mit ein paar runden Abfalltonnen nebst Paukenschlegeln, sowie mit einigen Besenstielen und ebenso vielen kurzen Holzbrettern an. „Ihr glaubt nicht, womit man alles Musik machen kann!“, meinte er und teilte dann unsere „Rhythmusgruppe“ ein. Und so spielten wir „Kum ba ya“ und „Masithi Amen“ mit Abfalltonnen, Schlagstöcken und Vuvuzelas und natürlich auch mit dem restlichen Blech. Unsere Junioren waren mit Feuereifer dabei. Und dem Publikum gefiel es auch.

Ich weiß gar nicht, wie oft Johannes schon in Borkum war, aber auf alle Fälle kennt er dort jeden der irgendwie mit Musik zu tun hat. Mit dem Posaunenchor der reformierten Gemeinde gab es schon lange regen Kontakt. Wir besuchten uns gegenseitig in den Proben und vor zwei Jahren feierten wir begeistert beim Gemeindefest mit. Wir fühlten uns dort auch gar nicht als Touristen, sondern man gehörte gleich dazu.

Diesmal gab es zwar kein Gemeindefest, aber ein besonderes Highlight von Borkum will ich noch erwähnen: die Strandtaufe. Ich kann mich noch gut an die letzte Strandtaufe erinnern vor zwei Jahren. Wir hatten strahlenden Sonnenschein, die kleine Taufgemeinde stand in festlicher Garderobe am Strand und die Kinder holten mit kleinen Schnapsgläschen das Wasser vom Meer und füllten damit die Taufschale. Wir Bläser standen im Halbkreis daneben, barfuß im warmen Sand und gegen Ende des Gottesdienstes umspülte die eintreffende Flut zart die nackten Füße des Tubisten.

Dieses Bild hatten wir also vor Augen, als wir uns auf den Weg machten zur „Heimlichen Liebe“, was für ein romantischer Name für ein Strandcafé. Der Himmel war wolkenverhangen und wir Bläser hatten vorsorglich unsere Regenjacken angezogen. Als wir ankamen, regnete es. Was nun? Der Pfarrer hatte uns versprochen, dass wir in die Kirche gehen, wenn das Wetter zu schlecht ist. Aber was ist für einen Borkumer schon schlechtes Wetter? Wahrscheinlich wenn man fürchten muss, dass das zwei Meter hohe, massive Holzkreuz vom Wind erfasst und ins Meer geweht wird – oder den Pfarrer erschlägt …

Egal, auf jeden Fall fand die Taufe am Strand statt, wie sich das für eine ordentliche Strandtaufe auch gehört: Die gar nicht so kleine Taufgemeinde (es waren sieben Taufen diesmal!) hatte die Regenmäntel über der festlichen Garderobe und drängte sich unter den zahlreichen Regenschirmen. Für das Taufwasser wurde eine Eimerkette gebildet und wir Bläser standen im Halbkreis daneben, die Füße unserer Notenständer fest im Sand eingegraben und die Flut konnte uns egal sein, denn am Ende des Gottesdienstes waren eh alle nass. Aber schließlich sind wir ja Bläser und keine Streicher! So 'n ordentliches Blech kann schon was ab … und die Tuba eignet sich auch hervorragend als Wasserstandsanzeiger.

Die zwei Wochen gingen wieder viel zu schnell vorbei. Am Freitag Abend war die Abschlussfeier und am nächsten Morgen standen wir mit Koffern, Taschen, Rucksäcken und Instrumenten im „Aquarium“ oder gingen noch ein letztes Mal zur Uferpromenade. Am Strand waren nur wenige Menschen – wie ungewohnt! Schließlich setzte sich der ganze Tross in Bewegung Richtung Bahnhof und mit der Inselbahn ging es wieder quer über die Insel zum Hafen. („Auf dem Ticket steht aber, die Fähre fährt am Bahnhof ab!?“) Die Fahrt nach Emden dauerte gute zwei Stunden. Eine halbe Stunde bevor wir anlegten, trafen wir uns alle nochmal auf dem Oberdeck. Wir sangen gemeinsam den Irischen Reisesegen (ausnahmsweise mal ohne Begleitung), dann kam das große Händeschütteln. Jeder einmal ganz rum. Dabei konnte man schon feuchte Augen bekommen!

Jetzt war es endgültig vorbei mit dem Urlaub. Auf der langen Fahrt bis Dreieich erzählten wir uns gegenseitig noch so manche Begebenheit der letzten zwei Wochen und wir waren uns alle einig: Bei der nächsten Borkum Freizeit sind wir wieder dabei!

Susanne Bruch
Dreieich